Mein erster vorsichtiger Test des Five Ten Hiangle war spontan vor dem Flug in den letzten Türkeiurlaub beim Zeit verplempern in einem Kletterladen bei München.
Ausgestattet mit dem heißen Gummi am Fuß und neugierig habe ich mich an zwei Quadratmetern Plastikgriffen aufmerksan hin- und herbewegt. Und den Hiangle dann aber doch nicht mitgenommen. Und jetzt wird die Geschichte interessant.
Es regnete in Geyikbayiri und wir fanden uns mit vielen anderen vertikalbegeisterten Winterflüchtlichgen in dem Höhlensektor über dem Climber´s Garden. Hinter uns eine Wand aus Wasser, aber ich war trotzdem einfach glücklich wie ein Honigkuchenpferd. Ich kletterte freudig als erste Route eine sauspeckige und steile 6b und irgendwie hat sich das Klettern aber in meinen gewohnten Miuras einfach falsch angefühlt. Da fehlte irgendetwas… ein Gefühl… und es fehlt bis heute, wenn ich andere Schuhe anziehe.

Andi steht sicher und gespannt in seinen Hiangle´s in Warhorse 27, Blue Mountains
Es ist schwer zu beschreiben, aber ich nenne es einfach Spannung. Der Schuh hat irgendwie Spannung, als würde er auf jedem Tritt aufgezogen werden, wie eine Sprungfeder. Das fühlt sich sehr gut an und motiviert Vollgas zu geben.
Dieses falsche Gefühl am Fuß ist mir noch mehrmals über den zweiwöchigen Trip aufgefallen, aber es sind natürlich auch so trotzdem einige schöne Route gegangen. Und so habe ich mir den Schuh auf dem Heimweg dann doch gleich gierig eingepackt. Und bis heute nicht wieder aus dem Kletterrucksack ausgepackt.
Features
In diesem Abschnitt geht es um die harten Fakten des Five Ten Hiangle*. Über das Damenmodell kann ich leider keine Aussagen machen.
Weichheit und Härte
Hart ist vor allem die Zwischensohle, die auf dem selben Leisten, wie der Five Ten Team mit dem Stealth C4 Gummi vereint wird. Weich ist der Hiangle im Gesamtpaket im Vergleich mit beispielsweise dem La Sportiva Miura oder dem Scarpa Boostic. Nicht weich ist er im Vergleich mit dem Five Ten Team, Scarpa Drago, Furia oder anderen superweichen Bouldersocken.
Diese Mischung aus materialbedinger Härte, moderatem Downturn und Vorspannung erschafft wahrscheinlich dieses Gefühl der Spannung in den Füßen, dass mich immernoch ganz verzückt.
Durch den bewährten Five Ten Gummi bleibt der Schuh in dieser Kombination einfach auf mehr unwahrscheinlichen Tritten kleben als meine anderen Schuhe.
Spitze
Die Spitze ist etwas runder als man es beispielsweise von den Italienern La Sportiva und Scarpa gewohnt ist. Zu Beginn hatte ich Angst vor Nachteilen beim Antreten fränkischer Löcher. Mit der Zeit ist mir aufgefallen, dass man doch gar nicht so oft in schmalen Fingerlöchern steht. Und zweitens habe ich gemerkt, dass es trotz runderer Spitze immernoch gut funktioniert.
Die Zehenbox des Schuhs ist gummiert für Toehooks, was heute ja quasi Standard ist.
Ferse
Die Ferse ist schmal, simpel und hookt für meine Zwecke absolut ausreichend.
Passform
Schwieriges Thema, aber ich werde alles an Informationen hier einbringen, was hilfreich sein kann.
Ich trage den Five Ten Hiangle* in der Schuhgröße 45 oder UK 10,5. Meine normalen Straßenschuhe sind modellabhängig zwischen 46 und 46,5. Den La Sportiva Miura VS trage ich in 43.
Weil es sich um den selben Leisten, wie beim Team handelt passt der Schuh in der Regel Five Ten Team-Trägern auch.

Um die richtige Größe bei Onlinebestellungen für mich zu finden orientiere ich mich immer an der unglaublich hilfreichen Liste von kletteschuhtest.wordpress.com.
Five Ten sagt auf der Webseite über den Schuh, dass er sich aufgrund des Leders um eine halbe Nummer weitet. Das ist mir nicht explizit aufgefallen, aber kann gut möglich sein. Dieses Jahr kommt auch noch ein Hiangle-Modell auf den Markt mit synthetischem Obermaterial in Rapsgelb. Dieses sollte sich dann wohl nicht mehr weiten, aber ich denke die halbe Nummer kann man auch einfach miteinkalkulieren.
Für wen ist der Schuh geeignet?
Das ursprüngliche Marketing von Five Ten zielte auf Kletterer und Boulderer ab, die sich kein „Profi-Modell“ für viel Geld kaufen wollen. Er wurde als fortgeschrittener Einsteigerschuh beschrieben und war für günstige 114, 95 € UVP zu kaufen.
Inzwischen hat sich der Kurs etwas geändert. Zum einen erscheint der Five Ten Hiangle dieses Jahr in der dritten Version und kostet nur geringfügig weniger als andere High-End-Modelle, was wohl großes Interesse und Umsatz in der Vergangenheit bedeutet. Zum anderen tragen viele der hauseigenen Athleten den Schuh in Wettkämpfen sowie am Fels. Besonders aufgefallen sind mir Dave Graham in Thors Hammer 9a+ in Flatanger und Jon Cardwell beim Aknipsen mehrerer 9a´s in Rifle. Im internationalen Wettkampfzirkus trägt unter anderem die sehr erfolgreiche Janja Gabret den Hiangle.
Also kann man zusammenfassen, dass man den Schuh bei Gelegenheit einfach mal anprobieren sollte um die individuelle Passform zu testen. Empfehlen kann ich ihn jedem, egal ob fortgeschrittener Anfänger oder sonstwer.
Preis
Das erste Modell in lieblichem Babyblau bekommt man online derzeit sehr günstig. Von diesem Schuh rate ich aber entschieden ab. Obwohl sich am Grundkonzept und damit an der Performance nichts verändert hat, hat der alte Schuh einige entscheidende Nachteile, die ich weiter unten aufführe.
Der aktuelle UVP beim Hersteller liegt bei 144,95 €. Diesen Preis musst du aber glücklicherweise für den Schuh nicht bezahlen. Weiter unten habe ich einen Preisvergleich eingebaut um für dich stets aktuell den besten Preis zu finden.
Besondere Vorteile
Besondere Vorteile bei Kletterschuhen sind meistens eine subjektive Sache. Zuersteinmal muss ein Kletterschuh schmerzfrei passen und sich gut anfühlen. Ist diese Bedingung erfüllt, muss er noch die richtige Performance an Fels und oder Plastik für dich mitbringen.
Für mich passt der Schuh beinahe perfekt und performt ausgezeichnet.
Objektiver Vorteil ist die, für einen High-End-Schuh, dickere Sohle. Die 4,2mm Gummi versprechen etwas mehr Haltbarkeit als die üblichen 3 bis 3,5mm. Außerdem hält Five Ten Gummi nach meinem Eindruck generell länger.
Wenn er passt, ist der Schuh einfach der Wahnsinn.
Nachteile
Seit dem ersten babyblauen Modell sind viele Kinderkrankheiten des Hiangle erfolgreich kuriert worden.
Das erste Problem war das Babyblau an sich, dass auch nach einem halben Jahr noch abgefärbt hat. Dieses wurde im aktuellen Modell durch dunkelgraues Leder ersetzt, was den Schuh auch besser und aggressiver aussehen lässt.

Links das erste Modell mit abfärbendem Leder, genäht und geklebtem Velcro und billigen Anziehschlaufen
Im alten Modell wurde unnötigerweise bei den Anziehschlaufen gespart. Diese waren zu klein für geschundene Kletterfinger und haben sich am Nahtende im Schuh umgestülpt, was zu Schmerzen und Blasen führte. Inzwischen wurde das Problem durch eine größere und breitere Anziehschlaufe mit Five Ten Aufschrift gelöst. Eine der zwei Anziehschlaufen ist zwar augenscheinlich noch die selbe wie ursprünglich, aber das Problem mit den Blasen habe ich nicht mehr. Eventuell hat sich aber auch einfach eine gewisse Hornhaut gebildet.
Ein weiteres Problem war oder ist der Klettverschluss. Bei meinem ersten Modell hat sich der Klettverschluss vom Kunstleder verabschiedet, sodass ich es wieder annähen musste. Bei zwei Paaren des neuen Modells ist mir das nicht wieder passiert. Statt schnellem Zuziehen nach schräg oben belaste ich den Velcro aber auch bei der neuen Version nur noch gezielt in die gewollte Richtung.
Zusammenfassend ist der Schuh mit dem dunklen Leder inzwischen tadellos. Die günstigere babyblaue Version gibt es noch häufig zu kaufen. Davon rate ich aber ab.
Fazit zum Five Ten Hiangle Test
Ich klettere den Five Ten Hiangle* jetzt in den Endzügen des dritten Paars (zwei davon dunkelgrau) und werde ihn mir zusätzlich noch eine halbe Nummer kleiner bestellen.
Er ist zu meinem Standard-Kletterschuh für alle Fälle geworden und ich ziehe ihn immer als erstes an. Und wenn ich nicht gezielt Lust habe mit einem anderen Schuh zu klettern, benutze ich auch gar keinen anderen mehr.
Ich habe ihn mit durchsteigendem Erfolg getestet von Platte bis Volldach in fränkischem Kalk, australischem Sandstein und Tufaträumen in Laos und Thailand. Während sich beispielsweise der Miura VS anfühlt als ob man sich ein steifes Brett unter die Füße schnallt (was manchmal auch die Lösung sein kann) fühlt sich der Hiangle irgendwie lebendiger an und gibt gutes Feedback. Durch das dickere Stealth C4 Gummi hält der Schuh länger und steht für mich verlässlich besser auf schlechten Tritten als mein Team oder Miura.
Fazit des Five Ten Hiangle Test: Klare Empfehlung!
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3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Danke für das ausführliche Review! Was würdest du zu der Passform sagen? Ich habe das Problem eine griechische Fußform zu haben und hatte bisher nur Tenaya (Ra und Iati). Vom reinen betrachten der Zehenbox sollte ich dort keine Probleme bekommen, oder?
Hey Tobi,
danke für das Lob. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Schuh für deine Fußform passt. Er läuft etwas runder zu, als beispielsweise Dragon oder agressive Scarpa und La Sportiva-Modelle. Am besten bestellst du ihn dir einfach in zwei Größen oder probiere sie wenn möglich irgendwo vor Ort.
Beste Grüße
Hi
Glückwunsch zum gelungenem Testbericht. Ich hatte bei meinem Hiangle ein Loch im Obermaterial der Zehenbox …. ansonsten war das Konzept schon gut!
Hoffe Adidas verhunzt das Modell nicht..:
Freut mich dass ich dir helfen konnte.
Danke für dein Link auf meine alte kletterschuhtest!
Ich musste die seite jetzt umziehen.
Ich weiss du pflegst deine Seite, deshalb dachte ich, dass dich die neue homepage interessieren würde.
http://www.kletterschuhtest.de
Ich hoffe das klappt
Viele Grüße
Schorsch von Kletterschuhtest