Australien steht ganz oben auf der Wunschliste deutscher Abiturientenherzen. Sie sind überall. Und das zu recht. Auch sind klingende Namen, wie Taipan Wall oder Hollow Mountain Cave vielen von uns ein sehnsüchtiger Begriff. Das Land und die Dimensionen sind überwältigend und man möchte eigentlich gar nicht mehr weg.
Einer der klettertechnischen Hotspots neben den weltbekannten Tradsektoren von Arapiles und den Routen und Bouldern der Grampians ist das Klettern in den Blue Mountains.

Dramatische Szenerie in den Blue Mountains. Das bläuliche Schimmern ist Eukalyptus-Staub. Daher haben die Mountains ihren Namen.
Inhaltsverzeichnis
Im Artikel erzähle ich zuerst ein wenig über die Kletterei und die beste Unterkunft und zuletzt gibt es jede Menge Bilder und Impressionen direkt vom Fels.
Inzwischen habe ich knapp sechs Monate kletternderweise im Mikrokosmos der Felsen rund um Katoomba und Blackheath verbracht. Und ich werde wiederkommen um mir eine ganze Menge weiterer Klassiker abzuholen.
Wie schauts da mit Klettern aus?
Das Klettern in den Blue Mountains ist aufregend vielfältig. Die ästhetischen orangenen Sandsteinwände der Blue Mountains oder auch liebevoll „Bluies“ genannt, bieten hochqualitatives Sportklettern, Mehrseillängen, Trad, Risse… Nur Eisklettern und sinnvoll Bouldern kann man hier nicht.
Ganz besonders gut ist aber das Sportklettern. Thecrag.com listet beinahe zwei-einhalb-tausend Routen zwischen super leicht und dem für Australien relativ neuen Grad 35 (=9a, 11).
Wie kann man die Kletterei beschreiben? Die Wände sind in der Regel nicht sehr hoch, jedoch gibt es Routen von 5m bis über 50m. Vielleicht ist es entfernt vergleichbar mit den vielen kurzen und boulderlastigen Sektoren der Fränkischen. Die Kletterrei ist technisch, fingerkraftintensiv, überwiegend an Leisten, flachen Absätzen und Slopern. Trotz der Kürze sind die Routen meist sehr ausdauernd.
In manchen Sektoren, wie dem epischen Felsband von Shipley hoch über dem grünen Worgan Valley krallt man sich an winzigen Crimps durch totsenkrechte Wände oder zittert sich über Platten. Ebenso gibt es aber auch unglaublich athletische Überhänge und richtig steile Dächer. Ab und zu stolpert man sogar über Fingerlöcher. Insgesamt also sehr variablel, solange man kleine Leisten und präzise Fußarbeit gut findet.

Ganz besonders backpackerfreundlich ist die Tatsache, dass man einige der besten Sektoren gut per Bahn und zu Fuß erreicht. Dazu aber später mehr.
Die Bewertung erfolgt durchgängig im australischen System von 1 bis 35(=9a). Wenn man dann vor Ort ist, fühlen sich alle Umrechnungstabellen nicht mehr stimmig an. Australier sind keine Pussies und Sandbagging ist Volkssport. Am besten baut man sich keine Erwartungen auf, basierend auf bisherigen Leistungen anderswo und probiert einfach was geht. Das Klettern in den Blue Mountans ist genial und der Fels überwiegend bombig.
Unterkunft
Die übertrieben als „Cities of the Blue Mountains“ getaufte Kette von Dörfchen und Ministädten entlang der Bahnlinie beginnt gar nicht allzuweit weg von Sydney. Für uns Kletterer wird es allerdings erst wirklich interessant rund um die Bahnstops Katoomba und Blackheath und alle dahinterliegenden.
Zwei Stunden Zugfahrt entfernt von Sydney liegt das Kletter- und Backpackerparadies auf Erden im unscheinbaren Städtchen Katoomba im Herzen des Hochplateaus. Einen kurzen Fußmarsch vom Bahnhof entfernt steht das Flying Fox Backpackers. Ein Hostel, dass schon so manchen jungen Reisenden auf ewig versaut hat.
Außerdem gibt es etwas abseits vom Ortskern eine Jugendherberge, sowie etwas näher am Bahnhof ein zweites (relativ charmloses) Hostel. Bei weiterer Recherche werden viele Unterkünfte auf AirBNB angeboten, was jedoch nichts für den kleinen Geldbeutel ist.
Das Flying Fox Backpackers Hostel ist der Anlaufpunkt Nr. 1 für allein- und rudelreisende zum Klettern in den Blue Mountains auf der Suche nach Artgenossen. Üblicherweise wartet im Hostel bereits versteckt in der grauen Masse Nicht-Kletternder, eine Crew von Kletterern unterschiedlicher Fähigkeiten, die sich über Zuwachs freut. Es kommt durchaus vor, dass der ein oder andere Gast Jahre hier bleibt.

Gemeinsames Hosteldinner am Weihnachtsabend. Hmmm lecker…
Mehrmonatige Aufenthalte der „Regulars“ (vertikal Aktive und Nichtaktive) sind Standard. Und diese bilden mit den übrigen Gästen regelmäßig eine liebevolle Familie bei gemeinsamen Unternehmungen, Family Dinner´s und beim allabendlichen Kreis um´s Lagerfeuer. Das große Wohnzimmer mit vielen Sofa´s ist üppig mit Musikinstrumenten, Spielen und einem wärmenden Ofen für kalte Tage in den „Mountains“ bestückt.
Die Schlafpreise im Mehrbettzimmer liegen um die 30 AUD-Marke (ca 21€), was insgesamt durchschnittlich ist. Zusätzlich gibt es begrenzte Plätze zum Campen im Garten des Hostels für 20 AUD die Nacht. Wird man in den erlesenen Kreis der Regulars aufgenommen, wohnt man in der Regel mit den anderen in der Zeltstadt.
Ross, der Boss vermittelt auf Nachfrage gut bezahlte „Cash-in-Hand“-Jobs an seine Gäste und kümmert sich auch sonst auf seine eigene Weise rührend um sein Publikum. Regelmäßig veranstaltet er gemeinsame Barbecues oder kocht Berge an Nudeln mit verschiedenen Soßen für äußerst günstiges Geld.
Bei meinem letzten Besuch haben wir gemeinsam eine simple „Oldschool“-Kletterwand gebaut und mit Griffen bestückt. Es gibt mehrere markierte Boulder und genug Griffe für eigene Variationen.

Andi schraubt und testet die ersten Hostelboulder im Flying Fox Backpackers am Weihnachtsmorgen
Ebenso wartet ein mobiler Hostel-Beastmaker für besonderse Trainingsbedürfnisse im Office auf vorübergehende Anbringung im Garten.
Genug geschwärmt. Jetzt geht´s zurück an´s Eingemachte: Klettern!
Eine kleine Auswahl der feinsten Sektoren zum Klettern in den Blue Mountains
Centennial Glen, Shipley und Porter´s Pass befinden sich alle am selben Berghang und können vom Bahnhof Blackheath aus zu Fuß erreicht werden. Allein in diesen drei Sektoren gibt es genug harte und gute Routen um Jahre deines Kletterlebens zu füllen.
Centennial Glen
Centenial Glen ist eine Art großer Canyon mit mehreren Sektoren angeordnet um soetwas, wie ein Minital mit unzähligen Eukalyptusbäumen. Die lohnendsten Sektoren sind Main Wall, Wave Wall, White Linen und Junket Pumper Area. Alle sind nur kurze Fußwege voneinander entfernt, unterscheiden sich aber dramatisch in Szenerie und Ausgesetztheit.
Hier ein Videoeindruck des Mega-Klassikers Trix roughly 26 >> (Eigentlich nur 9-, aber huiuiui ist das schwer!)
Shipley Upper
Shippley Upper ist ein langgezogenes Felsband, das sich von links (steil und schwer) fließend nach rechts zu einer gigantischen Platte mit leichteren Touren transformiert. Das letzte Stück namens Grey Slab ist einer der beliebtesten Sektoren für leichteres Klettern in den Blue Mountains.

Porter´s Pass
Steigt man die steilen, in den Fels geschlagenen Stufen, hinab zu Porters Pass entlang eines je nach Wetter fließend bis reißenden Bachs fühlt man sich als würde man direkt durch die Tür in den Jurassic Park eintreten. Die Kakadus schreien bedrohlich von oben herab und verhöhnen einen an nur einer Kralle kopfüber hängend. Das enge Felsband zum Sichern fühlt sich zu klein an und die Wand steilt sich über dem Kopf auf. Einfach der Wahnsinn.
Der rechte Sektor gleich neben der Treppe ist ca 50m hoch, wobei die meisten Touren bei ca. 30m aufhören. Leicht überhangend an Leisten und Slopern in perfekter Felsqualität. Eine der besten Wände überhaupt.
Was tun, wenn zwischen dir und dem Rückweg eine gestresste Copperhead wartet? Die kanadische Antwort lautet Hockey. Kanada 1:0 Australien.
Im linken Sektor gibt es viele Platten in gemäßigten Graden und weiter hinten noch ein paar supergute und ausdauernde 8er.
Die nächsten beiden Felsen erreicht man am besten per Auto oder Anhalter.
Boronia Point
Boronia Point berherbergt einige große Klassiker vom 8. bis 11. Grad zum Klettern in den Blue Mountains. Links ums Eck gibt es auch ein paar kurze, aber schöne Aufwärmtouren.

Dam Cliffs
Ein verlassener Steinbruch mit tiefem See und ein paar Deep Water Solo Routen. Außerdem die beste Konzentration an Routen unter dem 8. Grad in den ganzen Blue Mountains neben dem plattigen Grey Slab in Shipley.
Ruhetage und Lebensqualität
Das Leben in den Blue Mountains ist sehr angenehm. Kaffetrinken und Leute beobachten ist hier ein beliebter Zeitvertreib. Der Kaffee ist sehr gut. Insbesondere der Flat White (eine Art Cappuccino, aber doch anders) ist das Qualitätsaushängeschild der vielen kleinen Cafe´s. Teilweise rösten diese ihre Bohnen gleich selber und alle bieten unglaublich leckere selbstgemachte Snack´s, Frühstück und Mahlzeiten an. Von vegan bis BBQ ist für alle Geschmacksrichtungen kreativ gesorgt.
Trainieren kann man u. a. in einer kleinen, aber feinen Boulderhalle in Katoomba namens Camp Street Climbing. Die nächsten größeren Hallen sind erst kurz vor und in Sydney zu finden. Die Qualität ist gut.

Den Hanging Rock erreicht man per 2 stündiger Wanderung. Nervenkitzel pur!
Die meisten Touristen kommen zum Wandern und um die unglaubliche Szenerie zu sehen, das das von grünen Tälern umschlossene Hochpleatau erschaft. Von einstündigen bis mehrtägigen Wanderungen (Bushwalks) ist für jeden was dabei.
Wir sehen uns dort!