Klettertechnik-Übung: Trittwechsel vermeiden

Vor einigen Jahren war ich mit einem viel stärkeren Freund zusammen in der Halle bouldern. Wir haben uns einige Probleme zusammen angeschaut und unsere Lösungen haben sich jeweils stark unterschieden.

Er erzählte mir dann, dass er jetzt versuchen würde ohne Trittwechsel zu arbeiten. Begründung: Ein Trittwechsel kostet genauso viel Kraft, wie ein Zug mit den Händen. Somit klettert man ohne Trittwechsel effizienter und kommt weiter.

Ein Boulderer zeigt, wie es ohne Trittwechsel geht.

Der rechte Klagemauer-Quergang eignet sich gut um das Vermeiden von Trittwechseln zu üben. Links mit Trittwechsel und rechts ohne.

Seine Worte sind mir über die Jahre immer mal wieder eingefallen, jedoch ohne wirklich eine Aktion auszulösen. Final aufmerksam geworden bin ich erst wieder beim Beobachten der Teilnehmer in meinen Boulderkursen. In vielen Bouldern in der Halle ist es notwendig nochmal einen Trittwechsel zu machen um den Topgriff zu doppeln zu können. Diese letzte und oft unnötige Anstrengung wurde vielen fleißigen Boulderneulingen aufgrund mangelnder Technik zum Verhängnis. So habe ich begonnen Möglichkeiten zur Vermeidung in die, in der Gruppe gemeinsam erarbeitete, Beta einzubauen.

Ebenso habe ich begonnen Boulder und Routen für mich selbst gänzlich ohne Trittwechsel zu planen und zu klettern. Und siehe da: ich klettere seitdem schneller, schöner und hoffentlich auch effizienter. Außerdem haben sich ehemals weniger genutzte Bewegungsmuster, wie „Vorderscheeren“ in meinem Technikreportoire verfestigt.

Beobachtet man Profis in Klettervideos sieht man kaum Trittwechsel. Schaut man sich jedoch in einer Halle während der Stoßzeit um, scheint der Trittwechsel eine der grundlegendsten Klettertechniken überhaupt zu sein.

Die meisten Trittwechsel sind unnötig und können vermieden werden. Manchmal ist es in anbetracht der Alternative aber auch einfach klüger schnell den Fuß zu wechseln. Das größte Potenzial dieser Übung liegt darin, die durch ständige Widerholung in der Halle einstudierte „Technik Trittwechsel“ durch geschicktere Lösungen zu ersetzen. Besonders am Fels mit einer ungleich größeren Trittauswahl ist der Hallentrittwechsel meist unnötig und schmälert dein wahres Potenzial.

Aber wie vermeidet man jetzt Trittwechsel? Darauf gibt es leider keine eindeutige Antwort. Kreativität ist gefragt! „Vorderscheeren“ und „Hinterscheeren“ sind beispielweise zwei wichtige Techniken auf diesem Weg, die viele nur unzureichend beherschen. Inspiration gibt es beispielsweise hier in den Technikvideos von Neil Gresham.

Oder im bisher immernoch besten Buch zum Thema Klettertraining und Klettertechnik, dass ich kenne.*

Im folgenden habe ich ein kleines Protokoll für dich zusammengestellt mit dem du das ganze als Klettertechnik Übung in deine nächste Boulder- oder Klettersession einbauen kannst.

 

Klettertechnik Übung: Trittwechsel vermeiden

Die Übung funktioniert gleich gut in Boulderhalle und am Seil. Zur Vereinfachung gehen wir von hier an davon aus, dass du in einer Boulderhalle trainierst.

 

Boulderauswahl

Ziel ist es, dass du effizienter kletterst und so schwerere Routen oder Bouldern durchsteigen kannst. Abschließend möchtest du das Vermeiden von Trittwechseln also auch am Limit üben und einsetzen. Zum Starten lohnt es sich allerdings Probleme auszuwählen, die dir relativ leicht fallen. Denn zu Beginn wirst du erstmal deinen Kopf einschalten müssen um deine Beta zu planen.

Mit der Zeit wirst du sicherer im Konzept werden und kannst deine Fähigkeiten auf immer schwerere Probleme anwenden und dann schließlich auch bei maximalen Durchstiegen. Wirklich Meister dieser Klettertechnik Übung bist du erst, wenn du im Onsight unter Stress keinen Hallentrittwechsel mehr benötigst, weil du es intuitiv besser weißt. Der Weg ist weit, also lass uns gleich anfangen!

 

Ablauf

Suche dir nach dem Aufwärmen zehn oder mehr verschiedene Boulder aus, die du normalerweise im ersten Versuch machst. Am besten verteilst du sie über verschiedene Griffarten (Leisten, Sloper usw.) und alle Neigungen (Platte, Senkrecht, Überhang…). Sie sollten nicht langweilig trivial mit gigantischen Tritten sein. Irgendwo zwischen Aufwärmboulder und deinem regelmäßigen Flash-Level ist die richtige Schwierigkeit.

Nach dem Aufwärmen bist du körperlich und im Kopf am leistungsfähigsten und wirst beim Klettertechnik üben den größten Lernerfolg haben.

Der Ablauf geht so: Klettere alle Boulder so, wie du es intuitiv machen würdest vom Sitzstart bis zum gedoppelten Topgriff. Mache genug Pausen, damit es dir nicht die Arme aufbläst, denn das macht langsam in der Birne.

Merke dir diejenigen Probleme bei denen du Trittwechsel eingesetzt hast. Gehe zurück zu diesen Bouldern und tüftele aus, wie du sie ohne Trittwechsel kletten kannst. Wäge ab, welche der beiden Alternativen das Problem zu klettern sich effizienter angefühlt hat.

Zu Beginn wird dir das Tüfteln anstrengender vorkommen bis du nach und nach in den neuen Bewegungen sicherer wirst.

Nach ein paar Sessions wirst du praktisch keine Trittwechsel mehr machen, weil wir alle generell faul sind. Durch die richtige Planung im voraus musst du also nicht wieder zurück über Los gehen und den Boulder widerholen. Ziel erreicht, mission complete!

 

Wie gehts weiter? Behalte das Vermeiden von Trittwechseln bei und wäge auch regelmäßig ab, ob manchmal nicht doch der Trittwechsel effizienter gewesen wäre. Übertrage die Philosophie auch auf deine richtig großen Anstrengungen. Beobachte immer selbst aufmerksam, was für dich jeweils die effizienteste Lösung ist.

 

Tipp:

  • Gemeinsam mit einem Partner macht die Klettertechnik Übung mehr Spaß, die Kreativität ist doppelt so groß und ihr spornt euch gegenseitig an.
  • Weitere Übungen für dich alleine oder immer besser zusammen mit einem Partner findest du hier auf dem Blog.

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